Remanufacturing –
besser alt statt neu!

Der Weg ist vorgegeben: Wirtschaft und Gesellschaft müssen in den nächsten Jahrzehnten umdenken, um Ressourcen zu sparen und gleichzeitig das Klima zu schonen. Noch ist der Ressourceneinsatz in der Produktion viel zu hoch, um nachhaltig zu sein. Gefragt sind völlig neue Impulse – die soll das Forschungskonzept „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft“ geben, das PtJ 2017 in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung entwickelt hat. Die Fördermaßnahme konkretisiert die Zukunftsaufgabe „Nachhaltiges Wirtschaften und Energie“ der Neuen Hightech-Strategie und stärkt das Handlungsfeld „Kreislaufwirtschaft“ des Deutschen Ressourceneffizienzprogramms.

Zugleich rückt damit der immer noch eher unbekannte Bereich „Remanufacturing/Redistribution und Wiedernutzung“ in den Fokus. Gemeint ist damit die Instandsetzung von Produkten nach ihrem Nutzungszyklus. Aufgearbeitete Produkte wie Motorenteile, Handys oder medizinische Geräte, die gleichwertig oder gar höherwertig sind als ein Neuprodukt, sollen dabei erneut in den Markt eingeführt werden. Das spart Ressourcen, darunter Energie, CO2-Emissionen und viel Geld. Entsprechend breit angelegte Geschäftsmodelle, die auf einer Reverse-Logistik basieren, werden benötigt und stellen gleichzeitig eine große Herausforderung für die gesamte Wirtschaft dar. Erst wenn es gelingt, diese Rücklaufschleife in den Kreislauf zu integrieren, lässt sich das gesamte Potenzial der zirkulären Wirtschaft nutzen.

Neues BMBF-Forschungskonzept gibt zirkuläre Impulse

Produzieren, nutzen, entsorgen – so lautet das klassische lineare Wirtschaftsmodell. Ein neues Forschungskonzept, das PtJ für das BMBF 2017 gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft entwickelt hat, setzt neue Impulse: weg von der Linearität hin zum zirkulären Wirtschaften. „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft“ lautet der Titel. Ein Gespräch mit André Greif, der den PtJ-Fachbereich „Umweltinnovationen“ leitet und das Konzept maßgeblich mit auf den Weg gebracht hat.

 

Herr Greif, was sind die Ziele des Konzeptes?

Mit dem Konzept will das BMBF Impulse für die Gestaltung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft geben. Im Vordergrund steht, Produkte und die darin enthaltenen Komponenten und Rohstoffe so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf zu halten – beispielsweise durch eine verlängerte Nutzungsdauer oder Weiterverwendung. Alte Produkte werden demontiert, aufgearbeitet oder anderweitig genutzt – immer mit dem Ziel, möglichst lange Wertschöpfung aus den eingesetzten Rohstoffen zu generieren. Das soll dazu führen, dass wir Rohstoffentnahmen und Rohstoffimporte verringern und insgesamt deutlich weniger Abfälle und Emissionen verursachen – das sind die Ziele, für die Lösungen aus der Forschung gefragt sind.

Über welchen Zeitraum sprechen wir?

Mit dem Konzept setzt das BMBF einen Schwerpunkt in der Forschungsförderung für die nächsten fünf bis sechs Jahre. Die Ideen umzusetzen und am Markt zu etablieren, braucht definitiv mehr Zeit. Wir wollen erste Schritte anstoßen, auch um die konkreten Ziele zu erreichen, die sich aus dem EU-Kreislaufwirtschaftspaket ableiten lassen, beispielsweise, dass sämtliche Plastikverpackungen im europäischen Markt bis 2030 kreislauffähig sein sollen.

Welche Rolle spielt PtJ bei der Umsetzung des Konzeptes?

Zunächst war es unsere Aufgabe, das BMBF bei der Ausarbeitung des Forschungskonzeptes zu unterstützen. Wir haben den ersten Entwurf mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft erörtert – da gab es nochmals viele nützliche Anregungen, die wir im Konzept aufgegriffen haben. Und wir werden nun die weiteren Fördermaßnahmen in diesem Rahmen betreuen. Eine erste Bekanntmachung ist bereits erschienen, dabei geht es um innovative Produktkreisläufe.

Industrie und Wirtschaft sind wichtige Treiber. Wie steht es um den Verbraucher?

Der Verbraucher ist in einer zirkulären Wirtschaft ein wichtiges Bindeglied. Er bestimmt die Produktnachfrage. Über die Digitalisierung bekommt er außerdem ganz neue Möglichkeiten, mitzureden und sein Produkt aktiv mitzugestalten – er wird sozusagen zu einem „Prosumenten“. Es geht darum, die Interessen der Verbraucher mit den Anliegen einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft zusammenzubringen. Klar ist, dass Tendenzen wie extrem kurzlebige Produkte oder eine Wegwerfgesellschaft – wie wir sie in einigen Bereichen kennen – in die falsche Richtung gehen.

Verbraucher, Wirtschaft, Forschung – sie alle müssen mitziehen. Wie soll das überhaupt funktionieren?

Eine berechtigte Frage. Eine zirkuläre Wirtschaft bringt gravierende Änderungen mit sich. Und es gibt perspektivisch viele Stellschrauben, an denen man drehen muss. Aber zunächst geht es um Grundlagen, wie so etwas funktionieren kann. In den BMBF-geförderten Verbundvorhaben sollen Industrie und Forschung deshalb gemeinsam überlegen und zusammenarbeiten. Das würde ein einzelner Akteur nicht umsetzen können. Wir bringen deshalb in den Projekten die verschiedenen Akteure zusammen: vom Produktdesigner über Produzenten und Lieferanten bis hin zum Nutzer. Es existieren am Markt bereits einige vielversprechende Beispiele. Ansätze wie Car- und Bikesharing in Großstädten wie Berlin zeigen, dass ein Umdenken bereits begonnen hat. Gefragt sind pfiffige Geschäftsmodelle in Richtung „Nutzen statt Besitzen“ – eine Chance auch für neue Akteure, sich am Markt zu etablieren.

Neue Geschäftsmodelle übernehmen eine Schlüsselfunktion. Inwiefern gibt das neue Forschungskonzept da eine Hilfestellung?

Forschung zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ist Bestandteil des Konzeptes. Es gibt außerdem zwei wesentliche Aspekte, die neue Geschäftsmodelle ermöglichen: das Produktdesign und die Digitalisierung – beide sind weitere thematische Schwerpunkte. Will man ein Produkt länger im Kreislauf halten, muss man es schon bei der Entwicklung anders denken. Bereits in der Designphase wird die spätere Demontage- und Recyclingfähigkeit maßgeblich festgelegt. Das ist also ein wichtiger Ansatzpunkt, um neue Wege zu gehen. Die zweite große Möglichkeit bietet die Digitalisierung. Uns stehen nun erstmals technische Möglichkeiten zur Verfügung, mit denen wir Stoffströme digital verfolgen und steuern können. Zudem steht die Wirtschaft ohnehin vor einem grundlegenden Wandel durch Digitalisierung. Diese Chance gilt es zu nutzen – eben auch, um eine zirkuläre Wirtschaft zu etablieren.

Wo sehen Sie dabei die größten Hürden?

Es geht um einen grundlegenden Wandel – das ist keine einfache Aufgabe. Wir brauchen Pioniere, die mit gutem Beispiel vorangehen und die Bereitschaft zeigen, erste Schritte zu machen, die erkennen, dass da eine lukrative Nische ist. Der Verbraucher muss natürlich mitspielen. Und auch an den Rahmenbedingungen muss gearbeitet werden: Themen wie Produktverantwortung, Gewährleistung und Datenschutz müssen geklärt werden – da gibt es viel Forschungs- und Klärungsbedarf.

Welche Ansätze bietet das Konzept, um die Hürden zu überwinden?

Wir suchen richtungsweisende Verbundforschungsprojekte, um damit verschiedene Akteure aus unterschiedlichen Bereichen zusammenzuführen, die sonst vermutlich kaum gemeinsam daran gearbeitet hätten. Zum Forschungskonzept gehört zum Beispiel auch ein geplanter Ideenwettbewerb: Kleinere, nicht etablierte Unternehmen sollen ins Boot geholt werden, die damit die Chance haben, unkonventionelle Geschäftsmodelle auf ihre Machbarkeit hin zu prüfen. Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft braucht es Ideen und Anstöße auf allen Ebenen. Das Forschungskonzept gibt dafür die Richtung vor.

Hinweis

Die Texte stammen aus dem Dossier „Zirkuläre Wirtschaft“ des PtJ-Geschäftsberichts 2017.

Redaktion:

  • Projektträger Jülich
  • Katja Lüers

Bildnachweise


  • Bild „Remanufacturing – besser alt statt neu“: Khongtham/iStock/thinkstock
  • Bild André Greif: Nils Günther-Alavanja
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