Die Energiewende im Praxistest

Wasserstoff für die Stahlindustrie, effiziente Energieflüsse in der Großstadt oder Wärmegewinnung aus der Erde – die Reallabore der Energiewende erproben Technologien, Innovationen und Konzepte im großangelegten Maßstab und unter realen Bedingungen. Damit stellt das Förderformat ein wesentliches Verbindungsstück dar: von der Forschungsidee hin zur eigentlichen Nutzung und Markteinführung.

Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 – dieses Ziel hat sich die Bundesregierung im Juni 2021 mit dem neuen Klimaschutzgesetz gesteckt. Um die Energiewende erfolgreich zu gestalten, bedarf es verschiedener Instrumente. Dazu gehören auch die Reallabore der Energiewende, die die Bundesregierung als Förderformat in ihrem 7. Energieforschungsprogramm ins Leben gerufen hat. Der Startschuss fiel im Februar 2019 mit einem Ideenwettbewerb des Bundeswirtschaftsministeriums.

Das Förderformat mit dem Ziel des zügigen Praxistransfers richtet sich an Unternehmen der Energiewirtschaft, die energieintensive Industrie, Energieversorger, die Wohnungswirtschaft und Forschungseinrichtungen. Forschungsteams aus diesen Bereichen arbeiten an diversen Fragestellungen, um ihre Innovationen künftig erfolgreich etablieren zu können: Funktionieren die theoretischen Ansätze wie geplant in der Praxis? Wann sind die erforschten Anwendungen und Konzepte tatsächlich marktreif? Welche Optimierungsschritte müssen neu entwickelte Technologien bis dahin noch durchlaufen?

Dieser Prozess umfasst je nach Reallabor der Energiewende unterschiedliche Größenordnungen. So können sie sich auf bestimmte Quartiere, auf einzelne Ortschaften oder auf mehrere Städte konzentrieren. Teilweise erstrecken sie sich auch über mehrere Bundesländer. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie innovative Technologien aus der Energieforschung im praktischen Betrieb und im industriellen Maßstab erproben. Dadurch können die Forscherinnen und Forscher genau die systemische Interaktion betrachten, die innerhalb des ausgewählten Szenarios zwischen Energiebereitstellung und Energiebedarf besteht und im erfolgreichen Praxisbetrieb Wege aufzeigen, um künftig CO2-Emissionen einzusparen.

Mit den Reallaboren profitieren die Akteurinnen und Akteure zudem vom ausgeprägten Vernetzungsgedanken des Förderformats sowie den Transfer- und Begleitforschungen. Die Möglichkeiten des Erfahrungsaustauschs und der lokalen Wertschöpfung spiegeln sich ebenfalls mit Blick auf die Standorte der Reallabore wider (siehe Infografik), die bisher ihre Arbeit aufgenommen haben. Von den Gewinner-Konsortien sind inzwischen zehn Reallabore der Energiewende erfolgreich gestartet.

Standorte der "Reallabore der Energiewende" in Deutschland

Die Energiewende im Praxistest

Quelle: Projektträger Jülich, Forschungszentrum Jülich GmbH

1: TransUrbanNRW


Die Projektpartner des Reallabors TransUrbanNRW, das vier Standorte in Nordrhein-Westfalen umfasst, wollen herausfinden, wie die netzgebundene, urbane Wärme- und Kälteversorgung erfolgreich transformiert werden kann. Die Standorte sind vom Braunkohleabbau geprägte Quartiere, die bisher über Fernwärmenetze versorgt werden.

2: SmartQuart – Smarte Energiequartiere


Essen und Bedburg in Nordrhein-Westfalen sowie Kaisersesch in Rheinland-Pfalz bilden die Standorte des Reallabors SmartQuart. Mit ihnen will das Projektteam aufzeigen, wie die Sektoren Energie, Wärme und Mobilität zielführend gekoppelt werden können, um existierende Energieinfrastrukturen bestmöglich zu nutzen.

3: H2Stahl


Die Projektpartner des Reallabors H2Stahl wollen die Wasserstofftechnologie voranbringen, um die Stahlindustrie schrittweise zu dekarbonisieren. Das Konsortium nutzt Wasserstofftechnologien, um Eisen aus Erz zu gewinnen.

4: IW3 - Integrierte WärmeWende Wilhelmsburg


Im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg beschäftigt sich das IW3-Team mit der Frage, wie eine zuverlässige und zugleich bezahlbare Wärmeversorgung aussehen kann, die auf erneuerbaren Energien basiert. Ein zentrales Element des Reallabors bildet eine Geothermie-Anlage.

5: WESTKÜSTE100


Das Konsortium des Reallabors WESTKÜSTE100 erprobt, wie eine möglichst klimaneutrale Energiegewinnung und Güterproduktion aussehen könnte. Das Projektteam will mithilfe von Strom aus Wind Wasserstoff produzieren. Der Wasserstoff soll in einer Salzkaverne (künstlich geschaffenen Hohlräumen in Salzstöcken) gespeichert und für verschiedene Anwendungen genutzt werden.

6: NRL – Norddeutsches Reallabor


Das Norddeutsche Reallabor umfasst fünf Standorte in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Hier entwickeln die Projektpartner Konzepte für die Sektorkopplung in einem großen Maßstab. Energieeffiziente Quartierslösungen im Wärmebereich und Wasserstofftechnologien werden erprobt.

7: GWP – Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen


Das Konsortium des Reallabors GWP hat das Ziel, Großwärmepumpen zu erproben – einerseits mit Blick auf wirtschaftliche sowie regulatorische Rahmenbedingungen und andererseits hinsichtlich effizienter Betriebskonzepte. Innerhalb des Reallabors sollen deutschlandweit fünf Großwärmepumpen in die Fernwärmenetze integriert werden.

8: Energiepark Bad Lauchstädt


Das Reallabor Energiepark Bad Lauchstädt liegt im mitteldeutschen Chemiedreieck, einem industriellen Ballungsraum, der vom Strukturwandel stark betroffen ist. Ziel des Reallabors ist, Strom aus einem Windpark über eine Großelektrolyse-Anlage in Wasserstoff umzuwandeln. Das Projektteam erprobt an dem Standort die gesamte Wertschöpfungskette für Wasserstoff.

9: DELTA – Darmstädter Energie-Labor für Technologien in der Anwendung


Die Projektpartner des Reallabors DELTA untersuchen die Energieflüsse der Großstadt am Beispiel Darmstadt. Für das Energieversorgungssystem der Zukunft müssen städtische Quartiere energieoptimiert funktionieren und interagieren, sodass innerhalb einer Stadt der Energiebedarf bestmöglich reduziert und effizient eingesetzt werden kann.

10: H2-Wyhlen


Die Projektpartner des Reallabors H2-Wyhlen entwickeln einen Testraum für die lokale Energie- und Rohstoffversorgung, basierend auf strombasiertem Wasserstoff. Dabei werden die Sektoren Gebäude, Verkehr und Industrie vereint.

Bildnachweise


  • Bild „Die Energiewende im Praxistest“: © Photo Joe – stock.adobe.com
  • Grafik: Projektträger Jülich, Forschungszentrum Jülich GmbH

Hinweise


Die Texte stammen aus dem Dossier „Regionale Innovationsförderung“ des PtJ-Geschäftsberichts 2021.
Redaktion:

  • Projektträger Jülich, Forschungszentrum Jülich GmbH
  • PRpetuum GmbH
Der Projektträger Jülich in Zahlen im Jahr 2023
1.629
Mitarbeiter/innen
30.770
Laufende Vorhaben
3392,05
Fördervolumen in Mio. Euro
4
Geschäftsstellen

PtJ ist zertifiziert nach DIN EN ISO 9001 : 2015 und ISO 27001 auf Basis IT-Grundschutz