Kooperation als Stärke

Der Braunkohleabbau hat in der Lausitz über 120 Jahre Tradition. Doch ein Ende ist abzusehen. Jenseits der Energiewirtschaft sucht die Region nach Alternativen, die den Menschen weiterhin eine Zukunft garantieren. Die Betroffenen haben begriffen: Es muss etwas unternommen werden, in der Region, für die Region – aus der Region. Ein solcher Strukturwandel wird durch Innovationen befeuert. Um auch in anderen strukturschwachen Regionen der neuen Bundesländer den regionalen Innovationsmotor anzutreiben, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Programmfamilie „Unternehmen Region“ in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich etabliert. Förderprogramme wie „Zwanzig20“ oder die „Innovativen regionalen Wachstumskerne“, die PtJ für das BMBF begleitet und umsetzt, treiben einen innovationsbasierten Strukturwandel voran.

Das konstruktive Miteinander bringt die schlausten Köpfe und besten Technologien zusammen. Die entstandenen Kooperationen zeugen von strategischer Überlegenheit und wirtschaftlicher Stärke. So können Innovationspotenziale in regionalen Bündnissen aus Wirtschaft und Wissenschaft ideal freigesetzt werden, Arbeitsplätze entstehen – ein Stück Zukunft wird gestaltet. Die Erfolgsgeschichte lässt sich auch am Beispiel einzelner Menschen erzählen, die den Stein ins Rollen gebracht haben: Sie nutzen die Förderung, um in ihrer Heimat aktiv den Strukturwandel zu gestalten. Der eine über die Initiative „Zwanzig20“ und die dezentrale Nutzung von Wasserstoff in Thüringen im Projekt „LocalHy“, der andere mithilfe desWachstumskerns „PRAEMED.BIO“, um die Biotechnologie in der Lausitz zu etablieren. Diese Menschen haben die unterschiedlichsten Beteiligten an einen Tisch geholt und den Sprung nach vorn gewagt. PtJ hat sie dabei beraten und gestaltet den Prozess der Kooperation mit.

Künftig werden diese erfolgreichen Förderinstrumente auf ganz Deutschland ausgeweitet: Mit dem neuen Förderprogramm „WIR!“ will das BMBF strukturschwache Regionen in der gesamten Bundesrepublik unterstützen.

Grüner Leuchtturm:
Localhy

Grenzen überwinden – und zwar von Technologien, Branchen, Märkten und wissenschaftlichen Disziplinen – dafür steht das BMBF-Förderprogramm „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“. „Ziel ist es, Zukunftsthemen mit hoher gesellschaftlicher und ökonomischer Relevanz zu identifizieren sowie entsprechende konkrete, wirtschaftlich tragfähige Lösungen zu erarbeiten“, erklärt Dr. Bernd Schumann vom PtJ-Geschäftsbereich „Gründungs-, Transfer- und Innovationsförderung“. Diesen Ansatz verfolgt das Verbundvorhaben „Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany“, kurz „HYPOS“. Die Grundidee: Nichtspeicherbare Energien aus Biomasse, Wind und Sonne in den speicherbaren Energieträger Wasserstoff umzuwandeln. Mitteldeutschland verfügt über das bundesweit größte Pipeline-Netz von über 550 Kilometern, das für den Wasserstofftransport genutzt werden kann, und eignet sich als Modellregion. Die Initiative für eine grüne Wasserstoffwirtschaft als fester Bestandteil in der Energie- und Rohstoffversorgung Deutschlands geht von Thüringen und Sachsen-Anhalt aus. Vorreiter auf dezentraler Ebene ist das Teilprojekt „LocalHy“ im Landkreis Sonneberg.

Er war seiner Zeit voraus: der Schriftsteller Jules Vernes. 1874, als das Kohlezeitalter in voller Blüte stand, dachte der Franzose schon weiter und schrieb jenen viel zitierten Satz: „Wasser ist die Kohle der Zukunft“. Dem hat Joachim Löffler, Mitgründer und Geschäftsführer des thüringischen Unternehmens Kumatec in Neuhaus-Schierschnitz, nichts entgegenzusetzen: „Wasserstoff wird zukünftig eine zentrale Rolle beim Umbau unserer Energieversorgung spielen: als Speichermedium für Ökostrom, als alternativer Grundstoff für die Chemie und für die Mobilität mit Brennstoffzellenautos.“ Dass es funktioniert, erlebt Löffler jeden Tag, wenn er in seinen Firmenwagen steigt, ein emissionsfreies Brennstoffzellenauto, das er mit Wasserstoff an der eigens entwickelten Wasserstofftankstelle betankt. „600 Kilometer Reichweite und fünf Minuten Tank-Zeit“, erzählt Löffler stolz. Seine Firma mit rund 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört zu den Vorreitern in der Brennstoffzellentechnologie und nutzt zudem seit 2015 das Projekt „LocalHy“, um das Thema Wasserstofftechnologie in den Köpfen der Menschen in der Region zu etablieren. „Wir stellen beispielsweise auf öffentlichen Veranstaltungen unsere Autos vor – Brennstoffzellentechnologie zum Anfassen, nicht als PowerPoint-Präsentation!“, schmunzelt der Geschäftsführer.

Der „LocalHy“-Verbund von regionalen Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kommune hat sich zum Ziel gesetzt, dezentral Wasserstoff zu erzeugen und zu nutzen, um Emissionen zu senken und die Umwelt zu schützen, aber auch um sich mit einer innovativen Technologie frühzeitig am Markt zu behaupten. Die Hauptrolle in dem „dezentralen Wasserstoffstück“ übernimmt ein Hochdruck-Elektrolyseur, den Kumatec entwickelt und für den es 2016 den IQ-Innovationspreis Mitteldeutschland erhalten hat. Der Elektrolyseur zerlegt mithilfe von regenerativ erzeugtem Strom Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff, die werden gespeichert und den entsprechenden Anwendungen zugeführt – beispielsweise der Brennstoffzelle in Löfflers Auto.

Wasserstoff wird zukünftig eine zentrale Rolle beim Umbau unserer Energieversorgung spielen: Als Speichermedium für Ökostrom, als alternativer Grundstoff für die Chemie und für die Mobilität mit Brennstoffzellenautos.

Dr.-Ing. Joachim Löffler
AVX/Kumatec Hydrogen GmbH & Co. KG

Innovation aus dem Mittelstand

Das mittelständische Forschungsunternehmen WTZ Roßlau in Sachsen hat das Projekt genutzt, um den weltweit ersten Wasserstoff-Kreislaufmotor zu bauen. Künftige Anwendungen sehen die Roßlauer Motorenbauer etwa in Haushalten, die mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet sind – und dank der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten von „HYPOS“mit einem Wasserstoffspeicher. Aus dem bedient sich der Motor bei Bedarf, um den Haushalt mit Strom zu versorgen.

Und auch die Klärwerke Sonneberg sind mit von der Partie: Sie nutzen den Sauerstoff, der als Abfallprodukt bei der Elektrolyse anfällt: Üblicherweise wird „normale“ Luft in die Klärbecken eingeblasen, damit Bakterien den Zersetzungsprozess vorantreiben. „In der Luft ist aber Stickstoff enthalten, der für den technischen Prozess nicht förderlich ist“, erklärt Löffler. Für die Kläranlage Sonneberg hat man deshalb zwei Versuchsbelebungsbecken gebaut, die ausschließlich mit reinem Sauerstoff „beatmet“ werden. „Das funktioniert hervorragend“, so der Geschäftsführer. Das langfristige Ziel ist aber ein anderes: „Wir wollen über den Sauerstoff preiswert Ozon herstellen, um damit Arzneimittelrückstände, die im Trinkwasser oder auch in Krankenhausabwässern vorkommen, abzubauen.“ Die Technologie werde in einem weiteren Projekt vorangetrieben.

Localhy

Projekt LocalHy

Quelle: Projektträger Jülich, Forschungszentrum Jülich GmbH

Dynamische Wirtschaft

„Die Beteiligung kommunaler Verbände sowie Projektpartner, KMU und kleinerer Forschungseinrichtungen aus der Region an „LocalHy“ war uns von Beginn an wichtig“, resümiert Löffler. Der Erfolg ist spürbar: Der Landkreis Sonneberg zählt inzwischen zu den dynamischsten Wirtschaftsstandorten Deutschlands. Hier herrscht heute die größte Industriedichte in ganz Thüringen. „Die Arbeitslosenquote liegt bei 3,2 Prozent“, sagt Löffler stolz. Kommunale Vertreter wie Bürgermeister haben längst erkannt, dass die Wasserstofftechnologie nicht nur zu einer nachhaltigen Energieversorgung beiträgt, sondern als Innovationsthema ein Aushängeschild für die Region darstellt.

Junge Ingenieure sichern unsere Zukunft

Denn: Über „LocalHy“ gelingt es, nicht nur die Menschen vor Ort zu binden, sondern auch junge Ingenieure in die Region zu holen: „Die Wasserstofftechnologie ist ein spannendes Betätigungsfeld mit großen Chancen – so etwas fasziniert und lockt den Nachwuchs“, freut sich Löffler. Auch wenn der finanzielle Eigenanteil, den Kumatec zum Projekt beisteuern musste, ein Kraftakt gewesen sei, habe sich die Investition gelohnt: „Wir sehen im Wasserstoff große Chancen für die Zukunft – „LocalHy“ hat den Grundstein gelegt.“

„HYPOS“ im Überblick:
Grün ist die Hoffnung

Als eines von zehn Projektkonsortien wird „HYPOS“ mit dem Teilprojekt „LocalHy“ im Rahmen des Programms „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit bis zu 45 Millionen Euro bis 2020 gefördert. Aktuell vereint das 2013 gegründete Konsortium über 100 Großunternehmen, mittelständische Firmen sowie Forschungseinrichtungen und wissenschaftliche Organisationen, welche sowohl aus den alten als auch aus den neuen Bundesländern stammen. Das Ziel: der Ausbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft.

„HYPOS“ will über grünen Wasserstoff das Chemie-Stoffstromnetz, das Erdgasnetz und die elektrischen Netze in Ostdeutschland modellhaft verbinden und damit fehlende System- und Netzwerkinnovationen für eine Wirtschaftlichkeit von sicherem grünem Wasserstoff erreichen. Und hier setzt die Arbeit des Projektträgers mit Unterstützung des wissenschaftlichen Beirates von „HYPOS“ an: „Genau die Projekte müssen ausgewählt und umgesetzt werden, die einen möglichst hohen Beitrag leisten, um die Wasserstofftechnologie bei „HYPOS“

erfolgreich in die Anwendung zu bringen. Dies wird letztendlich durch Technologie-Innovationen in den Wertschöpfungsketten und durch Gestaltung von in die Zukunft gerichteten Geschäftsmodellen erreicht. Das braucht Mut und Zuversicht bei den Wasserstoff -Pionieren im Unternehmensbereich, die sich jedoch auf exzellente Projektergebnisse aus der Forschung und Entwicklung bei „HYPOS“ verlassen können“, so PtJ-Mitarbeiter Schumann.

Der Grenzgänger

Sie schreiben seit Jahren Erfolgsgeschichte: die BMBF-geförderten „Innovativen regionalen Wachstumskerne“ – regionale Bündnisse aus Unternehmen und Forschungspartnern, die ihre Kompetenzen strategisch bündeln, um gemeinsam am Markt erfolgreich zu sein. Laut einer externen Evaluation sind fast 80 Prozent der befragten Partner mehr als zufrieden mit der Zielerreichung ihres Wachstumskerns. „Schon heute hat rund die Hälfte der geförderten Bündnisse Produkte auf dem Markt eingeführt, die auf dem Wachstumskern basieren, oder steht kurz davor“, berichtet Dr. Vivien Lutz, Leiterin des PtJ-Fachbereichs „Wachstumskerne“, aus der Evaluation. Weiterhin gingen 77 Prozent davon aus, dass der Wachstumskern die wirtschaftliche Entwicklung der Standortregion positiv beeinflusst hat. Einer, der das alles bestätigen kann, ist Dirk Roggenbuck, Professor für Molekulardiagnostik und Geschäftsführer zweier Unternehmen, die medizinische Diagnostikprodukte entwickeln und vertreiben. Er ist Sprecher des Wachstumskerns „PRAEMED.BIO“, der am 1. Januar 2019 seine Arbeit aufgenommen hat.

Prof. Dirk Roggenbuck ist ein Grenzgänger: Der 53-Jährige hält als Honorarprofessor an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) Vorlesungen und führt parallel zwei Unternehmen. Roggenbuck bringt seine Markterfahrungen in die Hochschul-Forschung ein und wendet im Gegenzug neueste Erkenntnisse aus der Wissenschaft in seinem Unternehmen an. Und er ist ein Wiederholungstäter: Bereits 2004 hat er in Zusammenarbeit mit regionalen Partnern den Wachstumskern BioResponse in die Lausitz geholt. „Es ist uns gemeinsam gelungen, die Erkenntnisse aus der Forschung zeitnah in marktreife Produkte umzusetzen. Wir haben spezifische Testverfahren zur Differenzialdiagnose autoimmuner Erkrankungen entwickelt, die heute weltweit im Einsatz sind“, sagt Roggenbuck. Seine beteiligte Firma Generic Assays sei mit einer Exportrate von 70 Prozent auf Wachstumskurs und die Wertschöpfung in einer Region geblieben, die ansonsten von der Braunkohleindustrie geprägt ist. Noch spielt die Kohle in der Lausitz eine wichtige Rolle: Mehr als 8.000 Arbeitsplätze hängen direkt von der Braunkohleindustrie ab, doppelt so viele Arbeitsplätze indirekt. Doch das Ende ist absehbar, denn die Kohle gilt in der Energiewirtschaft als Brückentechnologie. Deshalb will Roggenbuck rechtzeitig die Weichen stellen und mit der Biotechnologie einen neuen Industriezweig in der Region etablieren, der weiterhin hochqualifizierte und gut bezahlte Arbeitsplätze jenseits der Energiewirtschaft schafft – Auch der zweite Wachstumskern, den Roggenbuck nun mit auf den Weg bringt, „PRAEMED.BIO“, soll dazu beitragen. Neun Partner aus Sachsen und Brandenburg sind beteiligt – darunter die medizinische Fakultät der TU Dresden und das Institut für Biotechnologie der BTU. Sie wollen ein Gerät in der Multiparameterdiagnostik unter Nutzung der digitalen Fluoreszenz entwickeln, das in der Lage ist, von Enddarmkrebs-Patienten unterschiedliche Proben parallel zu analysieren, beispielsweise Blut, Gewebe und Serum. Die Informationen helfen dabei, ein präzise auf den Patienten zugeschnittenes diagnostisches Leistungsprofil zu erstellen, um darauf aufbauend eine individuelle Therapieempfehlung zu geben. „Ein solches Gerät gibt es noch nicht“, so Roggenbuck.

Im Mittelpunkt des Wachstumskerns steht das Innovationszentrum in unmittelbarer Nähe zum BTU-Campus, in dem sich Unternehmen und Existenzgründer ansiedeln können. Durch diese Nähe zur BTU lässt sich der Technologie- und Wissenstransfer effektiv gestalten. „Wenn wir dafür Sorge tragen, die neuen Erkenntnisse zügig in vermarktungsfähige Produkte umzuwandeln, ist das die Basis und ein Beispiel für einen gelungenen Strukturwandel“, so Roggenbuck, „denn wir schaffen neue Arbeitsplätze, auf denen Produkte hergestellt werden, die auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig sind!“

Wachstumskern bringt Wertschöpfung

„Wir konnten uns als marktführendes Unternehmen für ein breite Anwendung der Süßlupine in der Humanernährung etablieren“, sagt Malte Stampe, Geschäftsführer der Prolupin GmbH, die 2010 als Spin-off des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV gegründet wurde und deren Erfolgsgeschichte mit dem Wachstumskern „PlantsProFood“ in der Kleinstadt Grimmen in Mecklenburg-Vorpommern begann. Damals schlossen sich zehn Unternehmen und vier Forschungseinrichtungen zusammen, um hochwertige Proteinisolate und Ballaststoffe aus Lupinen herzustellen – eine entsprechende Anlage wurde in Betrieb genommen. „Wir bringen damit mehr Wertschöpfung in Deutschlands Agrarbundesland Nummer eins. Wenn wir erfolgreich sind, werden auch andere Unternehmen die Region als Produktionsstandort im Dreieck zwischen Greifswald und Stralsund für sich entdecken!“, ist Stampe überzeugt. Das Unternehmen ist darauf spezialisiert, das Eiweiß der Süßlupine zu extrahieren, um aus dem Lupinenprotein-Isolat Lebensmittel zu produzieren. Seit Einführung der Dachmarke „MADE WITH LUVE“ 2015 wurden rund neun Millionen Lupinenprodukte verkauft. „Ein Erfolg, der sich mit einer stabilen Präsenz im deutschen und österreichischen Lebensmitteleinzelhandel erklärt“, so Stampe.

Mehr Mut zum Wandel!

Manchmal muss man bewährte Pfade verlassen, um Neues auf den Weg zu bringen: Diesen Mut zum Wandel unterstützt auch die Initiative „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ als Bestandteil der Programmfamilie „Innovation & Strukturwandel“. 2017 wurde die Förderrichtlinie zu „WIR!“ veröffentlicht. Von den 105 eingereichten Skizzen schafften es 2018 32 Bündnisse in die Konzeptphase. Eine Expertenjury wählt nun 2019 die Projekte für die folgende Umsetzungsphase aus. Damit will das Bundesministerium für Bildung und Forschung gezielt die Innovationsfähigkeit in strukturschwachen Regionen – zunächst in Ostdeutschland – steigern und ein offenes Innovationsklima schaffen. Eine zweite Auswahlrunde von „WIR!“ ist bereits in Planung – dann aber für strukturschwache Regionen in ganz Deutschland. PtJ wird das zweistufige Antragsverfahren begleiten. Dr. Thomas Reimann, Leiter des PtJ-Fachbereichs „Regionale Innovationsfaktoren“, hat viele der Bündnisse vor Ort besucht und erklärt, was es mit der Fördermaßnahme auf sich hat.

Was steckt hinter der Fördermaßnahme „WIR!“?

Es geht im Kern darum, einen strukturellen Wandel zu begleiten – und zwar in Regionen, die vor besonderen Herausforderungen stehen, beispielsweise die Lausitz mit der Braunkohle oder ländliche Räume. Wir definieren in diesem Zusammenhang drei Handlungsfelder: die Steigerung der Innovationsfähigkeit regionaler KMU, die Zusammenarbeit von Unternehmen, Wissenschaft und Forschung vor Ort sowie die Gewinnung von hochqualifizierten Fachkräften.

 

Was kann denn ein Programm wie „WIR!“ in strukturschwachen Regionen bewirken?

Die Idee ist, dass regionale Bündnisse entstehen, die neue Entwicklungspfade für ihre Regionen einschlagen. Das können Unternehmen sein, Stiftungen, Forschungseinrichtungen Vereine oder ganze Städte. Es ist unsinnig, von außen vorzugeben, wer mit wem zusammenarbeiten soll. Diese regionalen Innovationskonzepte müssen von innen heraus entstehen. Die Bündnisse entwickeln eine Strategie, die so nachhaltig angelegt sein muss, dass sie auch nach der fünfjährigen Förderung funktioniert.

 

Und gibt es thematische Vorgaben?

Nein. Das Programm ist themen- und technologieoffen und bezieht soziale, organisatorische sowie nichttechnische Innovationen bewusst mit ein. Die Innovationsfelder der aktuell 32 Konzepte aus der ersten Runde reichen von der Modernisierung der Land- und Ernährungswirtschaft über neue Mobilitäts- und Antriebskonzepte für den Verkehr der Zukunft bis hin zur Gesundheitsversorgung in ländlichen Räumen. Dabei stammen die ausgewählten Bündnisse aus unterschiedlichen ostdeutschen Regionen: Dazu zählen die Lausitz und der Südharz ebenso wie das Vogtland oder das nordöstliche Küstenhinterland.

Da haben sich Menschen zusammengesetzt, die nie an einem Tisch saßen.

Dr. Thomas Reimann leitet den PtJ-Fachbereich Regionale Innovationsfaktoren.

Geplant ist eine zweite Auswahlrunde. Wann rechnen Sie mit einem Start?

Voraussichtlich noch 2019. Die Förderung wird sich dann an strukturschwache Regionen in ganz Deutschland richten.

 

In der ersten Runde gab es 105 Skizzen und 32 Konzepte – aber am Ende schafft es nur ein Bruchteil in die Förderung. Verschwinden die übrigen Ideen in der Schublade?

Wir haben schon mit der Veröffentlichung der Förderrichtlinie 2017 ein enormes Aktivierungspotenzial in den jeweiligen Regionen ausgelöst: Da haben sich Menschen zusammengesetzt, die nie an einem Tisch saßen. Dieses Zusammenfinden ist schon ein großer Erfolg, den manche Bündnisse nutzen, um neue Wege zu gehen – unabhängig von der Förderung!

Bildnachweis


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Bild von Dr. Thomas Reimann: Nils Gunther-Alavanja

Der Projektträger Jülich in Zahlen im Jahr 2023
1.629
Mitarbeiter/innen
30.770
Laufende Vorhaben
3392,05
Fördervolumen in Mio. Euro
4
Geschäftsstellen

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