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Das konstruktive Miteinander bringt die schlausten Köpfe und besten Technologien zusammen. Die entstandenen Kooperationen zeugen von strategischer Überlegenheit und wirtschaftlicher Stärke. So können Innovationspotenziale in regionalen Bündnissen aus Wirtschaft und Wissenschaft ideal freigesetzt werden, Arbeitsplätze entstehen – ein Stück Zukunft wird gestaltet. Die Erfolgsgeschichte lässt sich auch am Beispiel einzelner Menschen erzählen, die den Stein ins Rollen gebracht haben: Sie nutzen die Förderung, um in ihrer Heimat aktiv den Strukturwandel zu gestalten. Der eine über die Initiative „Zwanzig20“ und die dezentrale Nutzung von Wasserstoff in Thüringen im Projekt „LocalHy“, der andere mithilfe desWachstumskerns „PRAEMED.BIO“, um die Biotechnologie in der Lausitz zu etablieren. Diese Menschen haben die unterschiedlichsten Beteiligten an einen Tisch geholt und den Sprung nach vorn gewagt. PtJ hat sie dabei beraten und gestaltet den Prozess der Kooperation mit.
Künftig werden diese erfolgreichen Förderinstrumente auf ganz Deutschland ausgeweitet: Mit dem neuen Förderprogramm „WIR!“ will das BMBF strukturschwache Regionen in der gesamten Bundesrepublik unterstützen.
Er war seiner Zeit voraus: der Schriftsteller Jules Vernes. 1874, als das Kohlezeitalter in voller Blüte stand, dachte der Franzose schon weiter und schrieb jenen viel zitierten Satz: „Wasser ist die Kohle der Zukunft“. Dem hat Joachim Löffler, Mitgründer und Geschäftsführer des thüringischen Unternehmens Kumatec in Neuhaus-Schierschnitz, nichts entgegenzusetzen: „Wasserstoff wird zukünftig eine zentrale Rolle beim Umbau unserer Energieversorgung spielen: als Speichermedium für Ökostrom, als alternativer Grundstoff für die Chemie und für die Mobilität mit Brennstoffzellenautos.“ Dass es funktioniert, erlebt Löffler jeden Tag, wenn er in seinen Firmenwagen steigt, ein emissionsfreies Brennstoffzellenauto, das er mit Wasserstoff an der eigens entwickelten Wasserstofftankstelle betankt. „600 Kilometer Reichweite und fünf Minuten Tank-Zeit“, erzählt Löffler stolz. Seine Firma mit rund 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört zu den Vorreitern in der Brennstoffzellentechnologie und nutzt zudem seit 2015 das Projekt „LocalHy“, um das Thema Wasserstofftechnologie in den Köpfen der Menschen in der Region zu etablieren. „Wir stellen beispielsweise auf öffentlichen Veranstaltungen unsere Autos vor – Brennstoffzellentechnologie zum Anfassen, nicht als PowerPoint-Präsentation!“, schmunzelt der Geschäftsführer.
Der „LocalHy“-Verbund von regionalen Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kommune hat sich zum Ziel gesetzt, dezentral Wasserstoff zu erzeugen und zu nutzen, um Emissionen zu senken und die Umwelt zu schützen, aber auch um sich mit einer innovativen Technologie frühzeitig am Markt zu behaupten. Die Hauptrolle in dem „dezentralen Wasserstoffstück“ übernimmt ein Hochdruck-Elektrolyseur, den Kumatec entwickelt und für den es 2016 den IQ-Innovationspreis Mitteldeutschland erhalten hat. Der Elektrolyseur zerlegt mithilfe von regenerativ erzeugtem Strom Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff, die werden gespeichert und den entsprechenden Anwendungen zugeführt – beispielsweise der Brennstoffzelle in Löfflers Auto.
Das mittelständische Forschungsunternehmen WTZ Roßlau in Sachsen hat das Projekt genutzt, um den weltweit ersten Wasserstoff-Kreislaufmotor zu bauen. Künftige Anwendungen sehen die Roßlauer Motorenbauer etwa in Haushalten, die mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet sind – und dank der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten von „HYPOS“mit einem Wasserstoffspeicher. Aus dem bedient sich der Motor bei Bedarf, um den Haushalt mit Strom zu versorgen.
Und auch die Klärwerke Sonneberg sind mit von der Partie: Sie nutzen den Sauerstoff, der als Abfallprodukt bei der Elektrolyse anfällt: Üblicherweise wird „normale“ Luft in die Klärbecken eingeblasen, damit Bakterien den Zersetzungsprozess vorantreiben. „In der Luft ist aber Stickstoff enthalten, der für den technischen Prozess nicht förderlich ist“, erklärt Löffler. Für die Kläranlage Sonneberg hat man deshalb zwei Versuchsbelebungsbecken gebaut, die ausschließlich mit reinem Sauerstoff „beatmet“ werden. „Das funktioniert hervorragend“, so der Geschäftsführer. Das langfristige Ziel ist aber ein anderes: „Wir wollen über den Sauerstoff preiswert Ozon herstellen, um damit Arzneimittelrückstände, die im Trinkwasser oder auch in Krankenhausabwässern vorkommen, abzubauen.“ Die Technologie werde in einem weiteren Projekt vorangetrieben.
Quelle: Projektträger Jülich, Forschungszentrum Jülich GmbH
„Die Beteiligung kommunaler Verbände sowie Projektpartner, KMU und kleinerer Forschungseinrichtungen aus der Region an „LocalHy“ war uns von Beginn an wichtig“, resümiert Löffler. Der Erfolg ist spürbar: Der Landkreis Sonneberg zählt inzwischen zu den dynamischsten Wirtschaftsstandorten Deutschlands. Hier herrscht heute die größte Industriedichte in ganz Thüringen. „Die Arbeitslosenquote liegt bei 3,2 Prozent“, sagt Löffler stolz. Kommunale Vertreter wie Bürgermeister haben längst erkannt, dass die Wasserstofftechnologie nicht nur zu einer nachhaltigen Energieversorgung beiträgt, sondern als Innovationsthema ein Aushängeschild für die Region darstellt.
Denn: Über „LocalHy“ gelingt es, nicht nur die Menschen vor Ort zu binden, sondern auch junge Ingenieure in die Region zu holen: „Die Wasserstofftechnologie ist ein spannendes Betätigungsfeld mit großen Chancen – so etwas fasziniert und lockt den Nachwuchs“, freut sich Löffler. Auch wenn der finanzielle Eigenanteil, den Kumatec zum Projekt beisteuern musste, ein Kraftakt gewesen sei, habe sich die Investition gelohnt: „Wir sehen im Wasserstoff große Chancen für die Zukunft – „LocalHy“ hat den Grundstein gelegt.“
Prof. Dirk Roggenbuck ist ein Grenzgänger: Der 53-Jährige hält als Honorarprofessor an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) Vorlesungen und führt parallel zwei Unternehmen. Roggenbuck bringt seine Markterfahrungen in die Hochschul-Forschung ein und wendet im Gegenzug neueste Erkenntnisse aus der Wissenschaft in seinem Unternehmen an. Und er ist ein Wiederholungstäter: Bereits 2004 hat er in Zusammenarbeit mit regionalen Partnern den Wachstumskern BioResponse in die Lausitz geholt. „Es ist uns gemeinsam gelungen, die Erkenntnisse aus der Forschung zeitnah in marktreife Produkte umzusetzen. Wir haben spezifische Testverfahren zur Differenzialdiagnose autoimmuner Erkrankungen entwickelt, die heute weltweit im Einsatz sind“, sagt Roggenbuck. Seine beteiligte Firma Generic Assays sei mit einer Exportrate von 70 Prozent auf Wachstumskurs und die Wertschöpfung in einer Region geblieben, die ansonsten von der Braunkohleindustrie geprägt ist. Noch spielt die Kohle in der Lausitz eine wichtige Rolle: Mehr als 8.000 Arbeitsplätze hängen direkt von der Braunkohleindustrie ab, doppelt so viele Arbeitsplätze indirekt. Doch das Ende ist absehbar, denn die Kohle gilt in der Energiewirtschaft als Brückentechnologie. Deshalb will Roggenbuck rechtzeitig die Weichen stellen und mit der Biotechnologie einen neuen Industriezweig in der Region etablieren, der weiterhin hochqualifizierte und gut bezahlte Arbeitsplätze jenseits der Energiewirtschaft schafft – Auch der zweite Wachstumskern, den Roggenbuck nun mit auf den Weg bringt, „PRAEMED.BIO“, soll dazu beitragen. Neun Partner aus Sachsen und Brandenburg sind beteiligt – darunter die medizinische Fakultät der TU Dresden und das Institut für Biotechnologie der BTU. Sie wollen ein Gerät in der Multiparameterdiagnostik unter Nutzung der digitalen Fluoreszenz entwickeln, das in der Lage ist, von Enddarmkrebs-Patienten unterschiedliche Proben parallel zu analysieren, beispielsweise Blut, Gewebe und Serum. Die Informationen helfen dabei, ein präzise auf den Patienten zugeschnittenes diagnostisches Leistungsprofil zu erstellen, um darauf aufbauend eine individuelle Therapieempfehlung zu geben. „Ein solches Gerät gibt es noch nicht“, so Roggenbuck.
Im Mittelpunkt des Wachstumskerns steht das Innovationszentrum in unmittelbarer Nähe zum BTU-Campus, in dem sich Unternehmen und Existenzgründer ansiedeln können. Durch diese Nähe zur BTU lässt sich der Technologie- und Wissenstransfer effektiv gestalten. „Wenn wir dafür Sorge tragen, die neuen Erkenntnisse zügig in vermarktungsfähige Produkte umzuwandeln, ist das die Basis und ein Beispiel für einen gelungenen Strukturwandel“, so Roggenbuck, „denn wir schaffen neue Arbeitsplätze, auf denen Produkte hergestellt werden, die auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig sind!“
Es geht im Kern darum, einen strukturellen Wandel zu begleiten – und zwar in Regionen, die vor besonderen Herausforderungen stehen, beispielsweise die Lausitz mit der Braunkohle oder ländliche Räume. Wir definieren in diesem Zusammenhang drei Handlungsfelder: die Steigerung der Innovationsfähigkeit regionaler KMU, die Zusammenarbeit von Unternehmen, Wissenschaft und Forschung vor Ort sowie die Gewinnung von hochqualifizierten Fachkräften.
Die Idee ist, dass regionale Bündnisse entstehen, die neue Entwicklungspfade für ihre Regionen einschlagen. Das können Unternehmen sein, Stiftungen, Forschungseinrichtungen Vereine oder ganze Städte. Es ist unsinnig, von außen vorzugeben, wer mit wem zusammenarbeiten soll. Diese regionalen Innovationskonzepte müssen von innen heraus entstehen. Die Bündnisse entwickeln eine Strategie, die so nachhaltig angelegt sein muss, dass sie auch nach der fünfjährigen Förderung funktioniert.
Nein. Das Programm ist themen- und technologieoffen und bezieht soziale, organisatorische sowie nichttechnische Innovationen bewusst mit ein. Die Innovationsfelder der aktuell 32 Konzepte aus der ersten Runde reichen von der Modernisierung der Land- und Ernährungswirtschaft über neue Mobilitäts- und Antriebskonzepte für den Verkehr der Zukunft bis hin zur Gesundheitsversorgung in ländlichen Räumen. Dabei stammen die ausgewählten Bündnisse aus unterschiedlichen ostdeutschen Regionen: Dazu zählen die Lausitz und der Südharz ebenso wie das Vogtland oder das nordöstliche Küstenhinterland.
Voraussichtlich noch 2019. Die Förderung wird sich dann an strukturschwache Regionen in ganz Deutschland richten.
Wir haben schon mit der Veröffentlichung der Förderrichtlinie 2017 ein enormes Aktivierungspotenzial in den jeweiligen Regionen ausgelöst: Da haben sich Menschen zusammengesetzt, die nie an einem Tisch saßen. Dieses Zusammenfinden ist schon ein großer Erfolg, den manche Bündnisse nutzen, um neue Wege zu gehen – unabhängig von der Förderung!
Bild "Kooperation als Stärke": ©peshkova – stock.adobe.com
Bild "Grüner Leuchtturm: LocalHy": ©magann - stock.adobe.com
Bild von Dr.-Ing. Joachim Löffler:Guido Werner
Bild "Der Grenzgänger": ©kkolosov – stock.adobe.com
Bild "Mehr Mut zum Wandel": ©mitifoto – stock.adobe.com
Bild von Dr. Thomas Reimann: Nils Gunther-Alavanja
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